Wahnsinn gibt's auch ohne Dämonen

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Roland:

Ja, super, liegen gleich zwei von unseren Mitarbeitern im Koma! Und diesmal haben wir gar keine Dämonen dafür gebraucht! Das kriegen wir prima allein hin, weil... Vielleicht weil ich nicht richtig aufpasse?
Erst mal die Nummer in Androschs Quartier: Henrietta, seine durchgeknallte Frau, hat ihn hinterrücks niedergestochen, weil sie ihn in ihren (für sie üblichen) Wahnvorstellungen plötzlich für einen Dämon hielt. Zum Glück hat er noch den Alarmknopf drücken können. So konnte Emanuelle Androsch gerade noch rechtzeitig in diesen Reanimationstank der McGurks stecken, um ihm das Leben zu retten. Henrietta hatte sich mit den drei Kindern in einem Zimmer verschanzt, um sie vor den Dämonen zu "schützen". Auch wenn es Betsy sicherer erschien, die Frau gleich zu erschießen, konnte ich mit meinem Veto Juro überzeugen, dass seine Scharfschützin ihr mit einer Art Bohrer das Messer aus der Hand geschossen und sie an die Wand gepinnt hat. Währenddessen hab ich die Kinder in Sicherheit gebracht. Sie sind jetzt bei Tasha, Androsch kämpft im Tank um sein Leben, Henrietta ist in künstlichem Koma unter Bewachung auf der Krankenstation. Ich dachte, der Mann wüsste schon am besten, wie man mit der Krankheit seiner Frau umgeht - aber ich hab ihn sträflich allein gelassen mit seinen Problemen.

Keine Ahnung, ob ich ein guter Vorgesetzter bin. Hartek wenigstens versinkt nicht mehr im Boden, wenn ich ihn anspreche, und das Ausbildungsprogramm für unsere unterbeschäftigten Jugendlichen nimmt Gestalt an. Maria, die ihren Mann Hannibal vor lauter Wut schon ein paar Mal aus dem Quartier geworfen hat (nicht, dass ich schadenfroh wäre...), ist froh, dass ich ihr mit der doppelten Buchführung helfe - Uxams Unterricht trägt Früchte. Achmed und Ali (mal nüchtern) wollen uns mit dem Wunschzettel helfen, die unsere "Untergebenen" für die Zwischenlandung auf dem Agrarplaneten, die wir bald machen werden, geschrieben haben. Aber langt das zum guten Vorgesetzten?

Bill und Lun jedenfalls wollen lieber für uns arbeiten als für Ramona. Das hat Bill sehr deutlich gemacht. Eher will er auf dem Agrarplaneten Wassersysteme programmieren, als sich weiter von ihr anzicken zu lassen, sagt er. Ich glaub, ich ahne nicht mal annähernd, wie gemein sie zu anderen Menschen sein kann. Aber ich find's nicht fair, die Diskussion anzufangen, wenn sie sich nicht wehren kann. Ich wusste doch, dass sie zu viel von diesen Scheiß-Schlafmitteln nimmt! Ein Glück, dass ich dieses miese Gefühl hatte, und unsere "Lans" die Tür so schnell aufbrechen konnten. Ich hab ja versucht, mit ihr zu reden, über ihre Probleme, darüber, dass ich... Aber dann sitzt sie vor mir und lächelt und ich krieg kaum nen Ton raus. Aber jetzt langt's! Ich will nicht jeden Morgen Angst haben, dass ich sie mal nicht rechtzeitig finde...

Und Juro, der Idiot, redet nur davon, dass ich jetzt ne andere Begleitung für den Kleinkunstabend bei den Erzräubern brauch. Ich weiß ja, dass Ramona und er sich nicht mögen, aber er steht da neben ihrem Bett, während Emanuelle sie versorgt, und redet so nen Müll! Ich hab ihn quasi aus dem Quartier geschmissen. Soll er seine eigenen Frauenprobleme mal auf die Reihe kriegen! Warum Scherbchen so zickig ist, zum Beispiel. Den ganzen Nachmittag bei unserem Flugtraining war sie prima gelaunt. Mich hat das auch aufgeheitert von dem Schreck mit Ramona am Morgen. Das Mädel hat eine prima Idee gehabt, wie sie mir ohne viel technische Erklärungen das Fliegen beibringt: Ich muss mir den Schweber nur als Hütegreif vorstellen! Bei der Zwischenlandung will ich mal schauen, ob ich mit dem echten Aoraki nicht ne Runde drehen kann.

Boa, nee! Agnes und Leopold wären echt stolz auf mich, wenn sie mich hier sehen würden. Gruselige Vorstellung. Bei dem Gedanken will ich mir gleich nochmal die Birne wegknallen, Kater hin oder her (wieder eine After-Party-Sache, Kleinkunst, ganz nett). Und Juro heißt Trémaly... Er meint wohl, ich wär zu betrunken gewesen, mir das zu merken. Das kann er jemand anderem erzählen, dass es ein "Versehen" war, dass er hier als "Smith" gelandet ist. Aber mir ist das egal. Ich kenne vielleicht nicht seine Vergangenheit, aber ich kenne ihn. Und auch, wenn er mich nervt, ist er ein guter Kumpel.

Juro:

Wenn das nächste Mal ein Alarm losgeht oder Erwin mir erzählt, dass ein paar Tentakelmonster auf mich warten, nehme ich mir einfach die Zeit und ziehe definitiv meine Rüstung an. Als der Alarm in Malins Quartier losging, war ich fast schon krankenhausreif bevor wir überhaupt die Tür aufhatten. Aber immerhin haben sowohl Malin, als auch seine Kinder, als auch seine Frau überlebt. Im Falle von Henriette bin ich mir im Nachhinein zwar nicht sicher, ob das ne gute Sache ist, aber vielleicht wirds ja wieder mit ihr. Malin will sie erstmal nicht mehr sehen. Kann ich gut verstehen, weiß ja keiner wann oder warum sie wieder austickt. Schon Mist sowas. Hab geholfen, die Situation zu klären, mehr kann ich auch nicht machen.

Ramona hats mal wieder übertrieben, wobei sie die Schlafmittel wohl zumindest nicht absichtlich überdosiert hat. Ist ja auch nicht ernsthaft was passiert. Roland hat sich trotzdem aufgeregt, als ich versucht habe, die Situation etwas zu entspannen. Hat er irgendwie anders verstanden. Wobei ich auch nicht einsehe, warum ich mir Sorgen machen soll, wo alles wieder wird. Ich mach mir Sorgen, wenns nötig ist. Das ist oft genug der Fall, auf einem Raumschiff, das durchs Chaos reist und sich auf die Sicherung eines neuen Lebensraums vorbereitet, bei der vermutlich einige ihr Leben lassen werden. Da finde ich ein paar verschlafene Nächte echt kein wirkliches Problem. Was mir gerade Sorgen macht, ist die Tatsache, dass mich Schutzzeichen blenden. Das ist doch nicht normal, oder? Und diese durchsichtigen Wände wiederholen sich auch. Bei der Übung, bei der ich hundert Leute gegen "Dämonisten" im Nachbardeck geführt habe, hats mir immerhin geholfen, eine "Falle" zu entdecken. Echt klasse, wie sich die Spinnenreiter als Tentakelmonster verkleidet haben. Wieder mal ein Zeichen für ihren seltsamen Humor. Erwin hat im Nachhinein nicht mal gemeckert, was mich irgendwie aus dem Konzept gebracht hat. Hab ich das etwa tatsächlich gut gemacht? Ich sollte trotzdem rausfinden, was es mit diesen Anfällen auf sich hat. Zaishen meinte, ich soll mich auf psionische Begabung testen lassen. Glaub nicht, dass was bringt, aber was solls.

Der Kleinkunstabend war gar nicht so furchtbar wie ich vermutet hatte. Einige der Schauspieler habe ich an ihren Sterbeszenen aus der Übung wiedererkannt. Hatte mich da schon gewundert, warum die mit soviel Pathos abkratzen, obwohl sie eigentlich direkte Herztreffer hatten. War echt entspannt alles - so ohne Ramona. Sogar Lun und Bill wollen von ihr weg, sie haben die Schnauze voll von ihrem Gezicke. Das sollten wir dringend bis zu unserer nächsten Zwischenlandung auf diesem Agrarplaneten klären, sonst verlieren wir sie noch, weil sie einfach aussteigen werden. Das wäre scheiße. Ich muss vielleicht echt versuchen, ernsthaft mit Ramona zu reden. Falls die mich lässt und nicht gleich wieder abgeht wie ne Rakete. Immerhin sind wir beide erwachsene Leute. Das muss doch funktionieren. Gut, dass wir noch ein paar Tage Zeit haben, bis zum Chaossprung und ... Moment! Halt! Wir springen? Jetzt? Na klasse.




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