Die Topfpflanzen-Befreiungs-Brigarde
Juro:
Wir haben die Topfpflanze! Das hat ja mal super hingehauen. Bis auf Rolands Genickbruch natürlich, aber das kriegt der Tank wieder hin. Gut, dass wir sowas haben. Und dass Scherbchen immer noch nicht mit mir redet, aber das hat nur indirekt mit der Aktion „Wir brechen ins Landgut des Gildenchefs ein und klauen seinen Limkamar“ zu tun. Warum das Ganze? Weil Roland herausgefunden hatte, dass Limkamar regelmäßigen Kontakt zu ihren Artgenossen brauchen um auf Dauer einsatzfähig zu bleiben und nicht zu verkümmern. Das wird für Uxam aber etwas schwierig, wenn wir in ein unbesiedeltes System fliegen. Da ohne Uxam aber unser Planungsstab gravierend beeinträchtigt ist, muss ein anderer Limkamar her. Ganz einfach. Dummerweise ist der einzig bekannte und noch im verwurzelten Stadium befindliche Limkamar auf diesem Planeten im Besitz des Gildenchefs der Ingenieure. Als Gildenschiff also prinzipiell einer unserer Chefs. Das hat mich jetzt nicht weiter gestört. Ich meine, wenn sogar Roland eine illegale Aktion als dringend notwendig bezeichnet, muss es wirklich wichtig sein. Auch von meinen Sicherheitsleuten sollten es nur diejenigen mitkriegen, die auch direkt beteiligt waren. Erwin hat meine Aussage, ich hätte was vor, was er besser nicht wisse, nicht geschmeckt, aber er hat mich auch nicht davon abbringen wollen. Ich muss sagen, die ganze Vorbereitung hat sogar richtig Spaß gemacht. Dann ging es los.
Sogar Ramona hat mitgespielt. Vielleicht sogar ein bisschen zu gut, sie hat schon wieder angefangen zu … ja was eigentlich … mich zu verarschen? … zu flirten? Kein Ahnung, was das sein sollte. Ich hab sie einfach ignoriert und mich lieber um den Basiliskenwolf gekümmert, der mich fressen wollte. Leider hatte er noch genug Zeit zum Heulen um seine Kollegen anzulocken. Dank Roland haben sie uns trotzdem nicht erwischt. Der kann echt gut mit Tieren, alle Achtung. Ariane dabei zu haben war auch supernützlich, unter Wasser kann ihr einfach keiner das Wasser … äh … reichen. Oder so ähnlich … Gut, wenn die Wachposten nicht nur den leeren Besitz in Abwesenheit ihres Chefs bewacht hätten, hätten wir es vermutlich nie bis ins Innere geschafft. Ohne Rüstungen und ohne Funkkontakt ist sowas einfach verdammt schwer. Aber da der Typ ein Überwachungsfanatiker ist, hätte er unsere Spur anhand der Signaturen bis zur Krautfass zurückverfolgen lassen und das Schiff einfach am Starten hindern können. Die „Leise rein und leise raus“-Masche war also Pflicht. Wobei das nur zum Teil funktioniert hat. Irgendwann haben sie dann doch Alarm geschlagen. Zum Glück haben wir eine Art Fluchttunnel nutzen können, der uns bis ins Haus gebracht hat. Ohne dieses tolle Gerät, das Bill Ramona mitgegeben hat, um die Sicherheitssysteme zu hacken, wären wir allerdings auch nie so weit gekommen. Ich frage mich, wo er das her hat. Naja, jedenfalls befanden wir uns dann plötzlich da, wo wir eigentlich nie hin wollten: im Haus. War aber halb so wild, wir haben es unentdeckt bis auf die Dachterrasse geschafft, auf der der Limkamar geparkt war. Mit einem dicken Sack über dem Kopf konnte er schreien so viel er wollte, nützte ihm gar nichts.
Dann mussten wir warten. Das war der schwierigste Teil an der ganzen Aktion bis jetzt. Hatte Scherbchen das Signal empfangen? War bei ihr alles in Ordnung? War sie so sauer auf mich, dass sie unsere ganze Gruppe im Stich lassen würde? Doch sie kam. Ich weiß nicht, wies sie geschafft hat, dass vorher eine ganze Gruppe baugleicher Schiffe das Grundstück überflog, aber das war die perfekte Tarnung für den Skyhook. Wobei ich sowas echt nicht noch mal ohne Rüstung machen möchte! Die Beschleunigungskräfte sind da einfach zu heftig. Die meisten sind mit Kopfschmerzen davon gekommen, nur Jack war bewusstlos und Roland musste sich unbedingt das Genick brechen. Wenn wir nicht den Tank hätten, wäre ich wirklich in Panik ausgebrochen. Aber so konnten wir ihn erst mal in die Stasisliege verfrachten und dann nix wie weg hier.
Roland:
Ich bin echt so ein Riesenrindvieh! Dabei bin ich derjenige aus der ganzen Gruppe, der sich am besten mit Medizin auskennt und der sich von Emanuelle den ganzen Vortrag anhören musste, was passiert, wenn man sich ohne Rüstung an einem Seil baumelnd von einem schnellen Gleiter in die Luft reißen lässt. "Ihr seid ja wahnsinnig!", hat sie mir an den Kopf geworfen - und absolut zu recht. Und wer hat sich das Genick gebrochen? ICH! Nur weil ich in letzter Sekunde noch meinte, nachschauen zu müssen, ob es Ramona gut geht, statt das Kinn auf die Brust zu drücken. Dabei haben Ramona und ich kaum ein Wort gewechselt, seit ich sie aus der Arrestzelle in ihr vorübergehendes Quartier im Mannschaftsbereich begleitet hab. Ich hab's sogar Juro überlassen, ihr zu sagen, dass sie "freiwillig" für diese dämliche Aktion gemeldet ist, ich feige Sau! Aber es ist schwerer als ich dachte, sie um mich zu haben nach all dem, was sie getan hat. Oh, mein toller Helden-Impuls "Rettet die Lady in Not" ist immer noch aktiv - sonst würde ich hier kaum so hängen!
Ich weiß einfach noch zu wenig über meine Mitarbeiter und wenn Dr. Bonasèra mich nicht auf Uxams Umstand aufmerksam gemacht hätte, wäre sie irgendwann gestorben und keiner hätte gewusst, warum. Aber ich mache mir Gedanken, ob es richtig ist, Mitox zu verschleppen und für unsere Zwecke zu benutzen. Ich hab kein Problem damit, bei einem reichen Gilden-Oberboss einzubrechen, der offenbar nicht weiß, wohin mit seinem Geld und es für Spielereien ausgibt, während drumherum Flüchtlinge hungern. Aber was ist mit dem Limkamar selbst? Wird es ihm bei uns wirklich besser gehen als auf dem Landgut? Ich habe unserem Trupp gesagt, wir befreien ihn, aber stimmt das? Mir gehen diese fünf Prozent Überlebenschance nicht aus dem Kopf, von denen Tian sprach. Aber ich muss einfach etwas unternehmen, wenn jemand von meinen... ja, Untergebenen in Gefahr ist. Und zwar nicht nur, weil wir Uxam brauchen. Ich würde auch einen Psychiater für Henriette entführen, die für die Mission völlig nutzlos ist. Ist das nicht eigentlich Unterwelt-Moral? Alles für deine Verbündeten tun auf Kosten aller anderen? Und dann gefährden wir auch noch unsere Leute und andere - die Falken mal wieder, ganz zu schweigen von den beiden Jägern, die wir beim Anmarsch an das Grundstück erschossen haben, nur weil wir dachten, es wären Wachen und sie könnten uns verraten! Ich weiß auch nicht, wie es Uxam auffassen wird, wenn wir mit einem Mit-Limkamar umgehen wie mit einer Topfpflanze...
Aber trotz aller Zweifel würde ich es wieder so machen - bis auf den Genickbruch. Tians schließen sich uns trotz der Fünf-Prozent-Marke an (zum Glück, schon allein, weil wir Mitox mit ihrer Botanik zusammen an Bord schmuggeln können), und bei uns kann Mitox selbst über sein Leben bestimmen, statt Zierrat eines reichen Idioten zu sein. Auch wenn Isis noch immer pampig ist, tut ihr die Aktion vielleicht gut. Ich hab versucht, ihr meine Vorstellung von Team zu vermitteln - sie mag mich ja eh nicht übermäßig gut leiden, da kann ich sie auch anschreien. Zwar hab ich mich auch nicht schlauer angestellt als Juro, aber ein paar Dinge mussten mal gesagt werden! Die Planung ging schneller als gedacht. Juro hat seine Kontakte genutzt und uns Verstecke verschafft. Und wie Isis an den Flug-Käfer kam, der haargenau so aussieht wie die Teile, die die Kirche für Hilfstransporte auf den Kriegskontinent benutzt, weiß der Himmel! Bill war unser Retter, nicht nur wegen dem Hacker-Teil, sondern wegen dem Hinweis mit den Basiliskenwölfen: Eineinhalb Tage hab ich mich mit den Falken Sun und Talon bei Hannes Gregori eingenistet, der diese intelligenten und gefährlichen Tiere züchtet. Dabei hab ich mir nicht nur den Geruch, sondern auch die wichtigsten Befehle angeeignet, um die Wachwölfe auf Hatoshis Grundstück in Zaum halten zu können. Einen musste Juro töten, aber die anderen waren so gut wie ein ganzes Batallion, nachdem ich mich erst mal mit ihnen angefreundet hatte und ihnen befahl, die Wachen hinzuhalten. Hoffentlich werden sie zur Strafe nicht erschossen oder so... Arme Tiere...
Letztlich verlief die Aktion erstaunlich unblutig und glatt. Aber mir wird schlecht wenn ich dran denke, wie wir die Leichen der Jäger als Ablenkungsmanöver im Jeep festbanden, damit die Dronen beschäftigt sind, wenn wir über die Mauer gehen. Ramona war nicht schnell genug, da hab ich sie mir einfach über die Schulter geworfen (sie fühlt sich gut an, selbst in so einer Situation). Dass das Labyrinth, wo Ramona Zugang zum ersten Knotenpunkt hatte, aus giftigen Dornensträuchern besteht und als Zufluchtsort für Liebespärchen gilt, konnten wir auch noch in den Griff kriegen. Brenzlich wurde es, als mich der Spähtrupp an der Hauswand fast entdeckt hat und ich in der Streuobstwiese Kätzchen gespielt hab, um sie in Sicherheit zu wiegen. Dann kamen wir zum Glück auf die Idee, all die Vorkommnisse so aussehen zu lassen, als hätte Hatoshi einen Verräter in den eigenen Reihen - dank unserer Computerexpertin! Deshalb hatten wir auf der Terasse weitesgehend Ruhe, bis Isis uns aufsammelte. Ich hoffe, Mitox ist nicht schwer verletzt - aber wie sollte ich den Ortungschip sonst von ihm runter kriegen?
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