Ãœberfall auf den Vatikan

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Dank Luftmagie bekommen Andrea & Co alles mit, was auf der anderen Seite des Lochs geschieht: Vatikanüberfall - das Hörbuch!

Sonntag, 05.09.2114
Norina:

Ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich so versagt und alle in Gefahr gebracht habe. Als Vincenzo da lag, dieses riesige Metallding in der Schulter und Blut, so viel Blut... da konnte ich einfach gar nichts mehr. Ich war wie erstarrt, als mein Schüler uns fast alle verbrannt hat mit seinem Feuerinferno und als Raffael und Vincenzo von dem Tornado k.o. gingen. Andrea hat uns gerettet. Er ist mittenrein gelaufen und hat es geschafft, den Papst zu beruhigen.

Ja, der Papst. Also, der Ex-Papst. Mir kam das ja schon immer seltsam vor, dass ausgerechnet dieser Hardliner Benedikt XVI. derjenige sein sollte, der als erster Papst seit Jahrhunderten lebend abtritt. Berufen von Gott auf Lebenszeit, heißt es nicht so? Mein Vater würde in Ohnmacht fallen, wenn er wüsste, dass ich seiner Heiligkeit persönlich begegnet bin. Und er würde eine Herzinfarkt kriegen, wenn er wüsste, dass der einer von uns ist. Ich konnte mich noch nicht so richtig mit ihm unterhalten, ich war zu sehr mit mir beschäftigt und mit Vincenzos Verletzungen. Weiß nicht, warum ausgerechnet Raffael das Vertrauen des Alten gewonnen hat, aber wir können den großen und den kleinen Macho unmöglich allein lassen beim Training. Denn dass Ratziger Training dringend nötig hat, ist offensichtlich. Er hat seine Luftmagie kein Fitzelchen unter Kontrolle. Na ja, er dachte bislang, das sind die Kräfte des Teufels, wie sollte er sich auch mit seinen neuen Fähigkeiten versöhnen können? Kein Wunder, dass wir im Vorfeld nichts in Erfahrung bringen konnten über einen verschwundenen Hexenmeister. Wer hätte sowas ahnen können? Aber der Vatikan! Unter welchen Bedingungen sie den Alten eingesperrt haben, tief unten in den Katakomben, angekettet! Was sind das für Menschen? Da kann ich ja noch fast dankbar sein, dass mein Vater mich "nur" des Hauses verwiesen hat.

Am Anfang lief alles wie am Schnürchen: Vincenzo und ich weichten den alten Mörtel der Mauer auf, Serena riss ein Loch hinein. Mr. Rickman hielt uns zum 1000. Mal einen Vortrag, wie schnell, leise und präzise ein SWAT-Team arbeiten müsse. Nicht zögern! Sein Gerede, mit welchen Kräften man welche Waffen ausschalten könnte - Wasser gegen Teaser, Pistolen in der Hand der Wachen explodieren lassen - machten mich ganz nervös. Am Anfang versuchten wir die Spannung durch Kindereien zu überspielen, als ich Raffael eine Dusche verpasste, um den Überschuss an verräterischem Rasierwasser loszuwerden. Mr. Rickman und die Jugendlichen blieben zurück, versorgten und fesselten die Wachen, die wir ausgeschaltet hatten. Das ist wirklich das, was ich nie tun wollte: Meine Macht gegen Menschen einsetzen. Da kann ich mir noch so oft einreden, dass es nur ne kleine Gehirnerschütterung war oder dass das Eis schnell genug schmilzt, bevor die darin Gefangenen ernsthaften Schaden nehmen - spätestens Mister Rickmans Feuerwalze hat den Männern schwer geschadet. Männer, die einfach nur ihren Job machen. Einen fürchterlichen Job. Aber die gar nicht die großen Fanatiker sein müssen.

Dann passierte es: Als ich das Schloss der Zelle mit Eis sprengte, durchbohrte ein großes Stück der schweren Tür Vincenzo. In diesem Moment war mir alles egal, ich musste nur diese Blutung stoppen! Er war bei Bewusstsein - noch - und forderte mich auf, zu helfen, den Gefangenen zu befreien. Aber ich hatte solche Angst, noch mehr Schaden anzurichten, dass ich nicht die kleinste Magie mehr hinbekam. Und dann drücke ich mich nur blass an die Wand, während um mich herum alle ausgeknockt werden und Andrea die Lage klärt. Wir mussten Vincenzo in die Krankenstation tragen, ich war mir fast sicher, dass er nie wieder aufwachen wird! Und das Ganze wegen des Scheiß-Papstes, der, als er noch auf dem Thron saß, jeden von uns der Inquisition übergeben hätte.

Vincenzo ist einfach zu süß. Er ist derjenige, der im Krankenbett liegt, aber kaum ist er aufgewacht, hat er mich getröstet. "Die Welt geht nicht unter, weil du mal einen Fehler machst", hat er gesagt. Das sollte mein neues Abendgebet werden. Nicht mein fehler hat uns alle in Gefahr gebracht, sondern meine Reaktion auf den Fehler, mein Erstarren. Das darf nicht nochmal passieren. Ich glaube, ich lerne momentan so viel wie in meiner ganzen Ausbildung zur Hexenmeisterin nicht...


Vincenzo
Unser Plan war eigentlich perfekt, wasserdicht und feuerfest, gewappnet gegen jeglichen Erdrutsch und windgeschützt natürlich auch. Trotzdem ist nicht alles so verlaufen, wie wir uns das gedacht haben. Der Tag hielt einige Überraschungen bereit, aber so wie ich das sehe, haben wir auch ganz entscheidende Siege zu verzeichnen.
Nachdem mein kleiner Bruder und seine rotgelockte Muße dieses Wehklagen gehört haben, sind wir der Sache auf den Grund gegangen. Ein Hexenmeister wurde im Vatikan festgehalten, das konnten wir nicht zulassen. In unserer Mannschaft waren nicht nur die größten Idioten, sondern auch fähige Leute und solche, die nach dem heutigen Abenteuer auf einem guten Weg sind.
Mein Bruder, die kleine Muße und Stanrick, die sollten hinter der Wand bleiben, die Luft reinhalten. Norina, Paola, Rafael und ich, die Lehrmeister vom Dienst, haben uns vorgewagt, in diesen Gang, direkt zum Feind, direkt in den Vatikan hinein.
Insgesamt gab es fünf Wachen. Drei davon patrouillierten um die Zelle herum, in der sich der Hexenmeister befand. Die anderen beiden waren direkt vor der Zellentür postiert.
Einer lief einzeln, den haben wir gleich zuerst in unsere dunkle Ecke gezerrt. Stanrick hat seines Amtes als Exbulle gewaltet und ihn für uns sozusagen festgenommen. Dann sind wir los, als das Wachenpärchen vorbeimarschierte. Wir sind ihnen hinterhergeschlichen wie in einem echten Agentenfilm. Die zwei durften noch eine Extrarunde drehen, denn erst haben wir sie an den stehenden Posten vorbeigehen lassen und uns um die gekümmert. Als das Pärchen die nächste Runde um die Zelle vollendet hatte, hat sich Paola ihnen angenommen.
Währenddessen haben Norina, Rafael und ich die stehenden Wachen außer Gefecht gesetzt. Bis dahin lief alles ganz gut, aber dann mussten wir die Zelle irgendwie aufbrechen und das ging nach hinten los oder besser gesagt, beim Aufsprengen ist mir eine Eisenstange in die Schulter geflogen. Ich kann euch sagen, Kinder, macht das nicht nach! Ist echt nicht witzig. Auch wenn es höllisch wehgetan hat, hat Norina die Sache nicht besser gemacht.
Sie hat ja die Tür gesprengt, aber dass ich im Weg gestanden habe, dafür konnte sie nun auch nichts. Klar, von ihr umsorgt zu werden, ist echt toll, aber in dieser Situation? Die einen Wachtposten sind langsam wieder wach geworden, die anderen kamen vom Geschrei angerannt. Und der Hexenmeister, den wir befreien wollten, der war ja auch noch da. Da bleibt keine Zeit für Fürsorge oder Schuldgefühle: Handeln ist angesagt. Aber Norina konnte nicht.
Rafael hat sich um den Hexenmeister gekümmert. Der war total panisch und dafür gab es auch allen Grund: Es war der ehemalige Papst, der dort in den Tiefen des Vatikan gefangen gehalten wurde. Ich wusste ja schon immer, dass diese religiösen Fanatiker einen Schaden haben, darum hat es mich ehrlich gesagt gar nicht so sehr aus den Socken gehauen. Aber der Schmerz in meiner Schulter hat eh vieles unwichtiger gemacht.
Was ich noch mitbekommen habe, ist dass Rafael seine Sache gut gemacht hat, dass Stanrick uns zur Hilfe geeilt ist und dabei eine Feuerwalze über die Wachen gerollt hat. Der alte Knabe muss dringend lernen, sich zu beherrschen. Ich hoffe, Norina kriegt sich wieder ein, damit sie ihm helfen kann. Er braucht sie. Na ja, und eine starke Norina ist mir auch tausendmal lieber als eine gelähmte. Ihr innerer Zusammenbruch war echt nicht schön anzusehen. Und es tut mir so leid, dass sie sich so quält.
Das ganze Chaos mündete darin, dass der Papst einen Tornado ausgelöst hat, natürlich ganz ausversehen … Ich weiß nicht, warum wir immer an solche katastrophalen Temperamente geraten, die den Zenit ihres Lebens schon längst überschritten haben. Sagt man nicht, dass man im Alter ruhiger und gelassener wird? Davon war jedenfalls im muffigen Vatikanuntergrund keine Rede.
Und wer hat es am Ende in den Griff bekommen? Ein waschechter Loredan: mein kleiner Bruder! Ihr könnt mir glauben, damit wird er noch in zehn Jahren prahlen. Aber eins muss man ihm lassen, das hat er echt gut gemacht. Er hat nämlich mit dem Papst meditiert. Ja, das hört sich komisch an und es sah auch komisch aus. Nur mit dem Lachen war das nicht so einfach an diesem Tag.
Weil Mamma und Papà gerade eine Woche unterwegs sind, ist bei uns daheim ganz schönes Chaos. Und weil sich Andrea dafür verantwortlich fühlt oder vielleicht auch riesigen Schiss vor Mammas Standpauke hat, wenn sie wiederkommt und es so aussieht wie jetzt, kümmert er sich um alles Mögliche. Um dabei einen kühlen Kopf zu bewahren, hat er mit dem Meditieren angefangen. Und jetzt war das ziemlich nützlich. Also Hut ab!
Meine Verletzung hat übrigens auch gute Seiten: Zum einen bin ich erwacht, mit einer süßen Norina neben mir und zum anderen besteht Andrea darauf, dass ich zu Hause nur noch die Beine hochlege.

Rafael
Liebe Valerie,
weißt du wie seltsam es ist, auf dem Stützpunkt zu leben und gleichzeitig daran zu glauben, dass du im Himmel bist? Seit Jahrhunderten streiten sich die Hexenmeister mit dem Vatikan herum. Dabei ein Wort über Gott zu verlieren, das ist für die Magier eine Sünde.
Sie wissen so viel nicht über mich, über dich erst recht nicht und vor allem nicht darüber, wie oft ich traurig bin. Das geht auch niemanden etwas an. Versteh mich nicht falsch, liebe Schwester, ich gebe mir größte Mühe, glücklich zu sein. Und Gott hilft mir dabei, das tut er wirklich. Und er passt auf dich und auf mich, auf uns alle auf.
Ich befürchte nur, dass er mich nicht umsonst zu dieser Mission hat gehen lassen. Sich zu verschließen vor der Welt, das kann nicht richtig sein.
Heute haben wir herausgefunden, dass der ehemalige Papst ein Luftbändiger ist. Ich werde mich um ihn kümmern, aber ich Angst davor, dass dabei so einiges ans Licht kommen wird. Die Befreiung des Papstes war schwer genug, aber jetzt fängt der Ärger erst richtig an.
Ich vermisse dich.
Dein Rafael


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