Der Kindergarten der Traumsaat-Schnecke
Zachiel:
Gelobt sei der Herr in seiner Weisheit, jeder Schar neben großartigen Kämpfern auch einen Heiler zur Seite zu stellen! Endlich konnte die heilige Flamme meiner Seele ihre Bestimmung erfüllen! Dass die Siguriel mit kaum einem Kratzer aus den Kämpfen herauskam, während mich Rodunel mehrfach an Armen, Fuß und Brust behandeln musste, wurmt mich fast ein wenig. Aber ich habe schließlich auch mehr Traumsaat-Kreaturen erledigt als er - und meine haben mehr Widerstand geleistet, mögen sie ewig in der Hölle schmoren!
Erst schien die Reise weiter so langweilig verlaufen zu wollen wie bisher. Selbst die Bewohner des kleinen Dorfes, die uns als erste nicht überschwänglich begrüßten, stellten sich nicht als Ketzer, sondern schlicht als vernachlässigt Hinterwäldler heraus. Dass es so etwas gibt, ein Ort, wo nur alle vier Wochen ein Priester vorbeikommt und sie nicht mal Engel erkennen, wenn sie direkt auf ihrem Brunnenplatz landen! Bevor Siguril die Formalitäten geklärt hatte, war ich fast bereit, das ganze ketzerische Nest in Brand zu setzen. Aber der einzige "Überfall", den wir in der Scheune erlebten, war durch ein ziemlich neugieriges und dreistes Kind, das am liebsten gleich mein Flammenschwert zum Spielen mitgenommen hätte. Und bei der Notfall-Messe, die Siguriel gleich ansetzte, erwiesen alle Dorfbewohner dem Herren und uns wieder die gebührende Ehrfurcht. Auch wenn ich vermute, dass das mehr an unseren beeindruckenden Gestalten lag als an Siguriels zugegebenermaßen ansprechenden Predigt. Und Schwester Veruel hat eine nette Stimme im Gesang. Zur Sicherheit haben Tamael und ich noch eine Runde durch das Dorf gemacht, um zu sehen, ob irgendein Irrgläubiger der Messe fern geblieben war. Aber wir fanden nur Hunde und Katzen. Tamael hat wirklich einen Narren gefressen an diesem Viehzeug und meint, wir sollten alle mehr Zeit in der Wildnis verbringen, um Gottes Geschenk der Natur kennen zu lernen. Nun, eine Scheune ist bequemer, aber wenn jeden Abend eine Bande von Kindern bespaßt werden will, werde ich mich für Tamaels Vorschlag stark machen.
Gut, ich gebe zu: Am Morgen vor dem Abflug konnte ich nicht widerstehen, zum Vergnügen der Kinder ein paar Übungen mit entzündetem Flammenschwert zu machen. Arme Geschöpfe, sie waren so begeistert von der himmlischen Herrlichkeit, die sie nie erreichen werden! Aber vielleicht haben wir hier ein paar Saatkörner für künftige Templer gepflanzt. Schließlich sind wir bald in meiner Heimat: Die mächtigen Alpen vor Augen, die wie keine andere Landschaft die Schönheit und Härte von Gottes Schöpfung in sich vereinen, bringt diese Gegend die mutigsten und besten Menschen hervor.
Doch dann, mitten im hellsten Schein der Sonne, wagte es diese Traumsaat-Schnecke, Gottes eigenes Land mit ihrem Schleim und ihrer widerlichen Brut zu besudeln! Wir folgten der Spur, und obwohl Veruel keine Hinweise geben konnte, waren wir auf alles gefasst, als wir diesem riesigen, gepanzerten und mit Zähnen besetzten Wabbelsack begegneten. Der Herr der Fliegen (verdammt sei sein Name) hat jedoch das Gegenteil einer "lahmen Schnecke" entsandt: Fast hätte sie Veruel geschnappt. Ich zweifle nicht an dem Mut meiner Schwester, aber sich mit einem kleinen Messer auf das Vieh zu stürzen, statt den echten Kämpfern das Feld zu überlassen, hat mehr mit fundamentaler Selbstüberschätzung zu tun. Ich konnte mich gerade noch dazwischenwerfen und die Traumsaat hat mir fast den linken Arm abgerissen. Meine erste ernsthafte Verletzung (Trainingsblessuren sind nichts dagegen) kam durchaus wie ein kleiner Schock, zumindest, nachdem wir das Vieh und seine Eier schließlich erledigt hatten. Auf der anderen Seite war es ein erhebendes Gefühl, die Macht des Herren durch Rodunel wirken zu spüren, als er meinen Arm heilte.
Doch die Arbeit war noch längst nicht getan: Als wir die Schleimspur bis zu ihrem Ursprung, einem schlammigen Portal zur Unterwelt, zurückverfolgten, stellten wir fest, dass sieben Kinder der Traumsaat-Kreatur geschlüpft waren. Tamael und ich nahmen die Verfolgung auf, doch die satanische Brut hatte bereits zwei Dörfer angegriffen, so dass wir die Schar um Hilfe rufen mussten. Zwar erheblich kleiner, dafür aber wendiger und bösartiger als ihre teuflische Mutter, hatten sie bereits einige Menschen getötet. Von Gott gelenkt, stürzte ich vom Himmel, gerade rechtzeitig, um zu verhindern, dass eine Schnecke einem Mann den Kopf abbeißen konnte. Letztlich waren die Kreaturen keine Gegner für uns, doch mag ich im Eifer des Gefechts etwas übermütig geworden sein, Gott vergebe mir. Jedenfalls erwischte mich die zweite an der Brust, als ich zum Todesstoß ausholen wollte. Mittlerweile hatte Siguriel eingegriffen und die dritte Schnecke erledigt, und während Tamael zwei weitere mit seinem Bogen niederstreckte, stürzten wir uns gemeinsam auf die letzten beiden, die zwei Jugendliche in die Enge getrieben hatten. Vielleicht haben diese Viecher eine rudimentäre Intelligenz, packte es mich diesmal am Schwertarm - doch es war nicht intelligent genug zu begreifen, dass ich meine Seele auch mit der anderen Hand schwingen kann.
Rodunel bekam einiges zu tun - ich weiß gar nicht, warum er so ein Aufhebens um meine Wunden machte. Natürlich müssen die Streiter des Herren vor allen Menschen einsatzklar sein, aber ich halte schließlich auch mehr aus. Zuletzt taten wir noch unser Bestes, das Moorloch mit der heiligen Flamme zu reinigen unbd mit Gottes Segen für immer zu verschließen. Ich bin müde nach diesem langen Kampf, doch ich habe mich selten so zufrieden gefühlt: Hier bin ich, am rechten Ort zur rechten Zeit, um den Auftrag des Herrn zu erfüllen! Was machen da schon Verletzungen aus...
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