Offene Siege und heimliche Sorgen

aus Die Bibliothek, der freien Wissensdatenbank
Version vom 20. November 2009, 10:34 Uhr von Larrine (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) Nächstältere Version→ | view current revision (Unterschied) | ←Nächstjüngere Version (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Juro:

Wow, wie toll, Aktion ohne Probleme etc. etc.

Roland:

Ich habe es geschafft, den ganzen Tag und die ganze Nacht die Panik von mir fern zu halten. Einfach nur an den nächsten notwendigen Schritt zu denken: Pilotin einpacken, den Professor aufspüren, ihm deutlich machen, wie wichtig uns die Angelegenheit ist, ihn zu Sandrose bringen, aufpassen, dass er keinen Mist baut. Ich hab ganz vergessen, wie sehr ich diese Wissenschaftler verabscheue und ihre Art, alles nur als Studienobjekt zu sehen. Ein Experte für Tox zu sein heißt nicht, Tox zu mögen. Und sein Rumgespinne mit diesen mechanischen Uhren! Diese Spezies Mensch züchten sie extra an Universitäten. Jetzt weiß ich, woher Agnes das hat, wenn ich mir ihren Doktorvater ansehe! Es hat mir eine gewisse grimmige Befriedigung verschafft, ihn von seinem Angelplatz zu entführen... Aber als Becker erst mal vor dem Tank saß, hat eine positive Eigenschaft der Wissenschaftler durchgeschlagen: Der Wunsch, gute Arbeit abzuliefern und über eine Aufgabe alles andere zu vergessen, auch, dass man quasi gezwungen wurde, hierher zu kommen.

Ich hatte mich schon selbst überzeugt, dass dieses gruselige Erlebnis gestern morgen eine von Emanuelles Nakose bedingte Hallunzination war und ich Ramona ganz umsonst durch eine Exorzismus-Sitzung mit Schwester Zaishen gejagt hab. Aber ich habe auch Juro nicht die volle Wahrheit gesagt und jetzt habe ich diese Träume, dass die Zeit um Mitternacht abläuft, für Ramona und für mich...

Bisher ist mir der Dämon nur im Traum erschienen. Mich hat ein tiefes, kaltes Entsetzen gepackt, als ich in der Offiziersmesse Tee trinke und plötzlich Ramona hereinkommt. Es sprach mit ihrer Stimme, aber ihre Augen waren schwarz, schwarz, und diesmal war nichts mit "Ich will ja nur helfen": Der Dämon droht, Ramona etwas anzutun, wenn ich nicht seine Forderungen erfülle. Ich soll Ramona - oder eher IHN - mit Henriette sprechen und diese dann aus der Arrestzelle auf den Planeten entlassen. Für Juro war das ein weiterer Beweis, dass es nur eine Hallunzination sein konnte, wie Zaishen meinte: Welcher Dämon sucht sich ausgerechnet Androschs durchgeknallte Frau aus, um Schaden anzurichten? Aber ich habe Juro nichts davon gesagt, dass ich den Dämon schon kannte, und die Schwester war entsetzt über meinen ketzerischen Gedanken, ein Dämon könnte gegen Schutzzeichen immun sein.

Aber wie mächtig ist dieses Ding? Der Exorzismus brachte nichts außer einem ruinierten Kleid und einer wütenden Ramona (der ich nur gesagt hab, sie wär schlafgewandelt). Kann sie der Dämon jederzeit beliebig besetzen und wieder verlassen? Wenn ich Juro die ganze Wahrheit sage, wird er mich nur zur Schwester schleifen und den ganzen Tag beten und beichten lassen. Aber im Gegensatz zu ihm kann ich nicht darauf vertrauen, dass die Kirche des Einen gegen jedes Übel ankommt. Ich war mit Ramona in der Kirche, verdammt! Ich kann dieses Risiko nicht eingehen, einfach auf Gottes Stellvertreter auf Erden zu vertrauen. Nicht, wenn das Leben meiner Frau auf dem Spiel steht.

Aber ich kann eben nicht nur nach meinen Gefühlen handeln. Ich habe eine Verantwortung, ob ich sie will oder nicht, auch für Androsch, auch für Henriette, und damit auch für alles, was sie auf dem Planeten anrichten kann. Hank lebt da und wir haben selbst gemerkt, dass ein Fingerschnippen genügen könnte, damit sie sich in diesem Krieg gegenseitig ausradieren... Aber es ist genauso egoistisch zu sagen, ich werde einfach warten und hoffen, dass es nur ein Blöff ist. Es geht um Ramonas Leben, nicht um meins. Ich hab nicht darum gebeten, in diese Stellung zu kommen und solche Entscheidungen treffen zu müssen! Scheiße, verdammte!

Ich muss eine Entscheidung treffen. Ich muss mit Ramona reden. Das ist der erste Schritt. Ich vertraue ihr nicht wirklich (seltsam, das über die Frau zu sagen, die ich liebe und heiraten will), aber sie hat genauso viel zu verlieren wie ich, wenn unsere "Dämonenpaktiererei" herauskommt. Wenn wir keine Lösung finden, den Dämon abzuwehren und zu verhindern, dass er sie jederzeit nach seinem Belieben wieder als Geisel nehmen kann, werde ich tun, was er sagt. Aber dann werde ich aussteigen. Wenn Ramona in Sicherheit ist, werde ich Henriette folgen und versuchen, das Schlimmste zu verhindern. Dann weiß der Dämon, wie ich erpressbar bin, und ich bin eine Gefahr für das Schiff und alle meine Freunde. Ramona ist dann an Bord sicherer ohne mich.

Was sage ich Juro? Ihn einzuweihen heißt, die Entscheidung auf ihn abzuwälzen. Oder zumindest zu riskieren, dass er seine Macht als Sicherheitschef in die Wagschale wirft, um mich zurückzuhalten. Vielleicht liefert er sogar doch noch Ramona an die Unterwelt aus, damit der Grund meiner Erpressbarkeit aus dem Weg geräumt ist. Nein, das geht zu weit. Ich habe schon viele ungerechtfertigte Verdächtigungen gegenüber meinem Freund gehabt. Kann ich Henriette allein hier raus bringen? Kann ich Juro nach all dem, was ich ihm erzählt habe, dazu bringen, Henriette gehen zu lassen (was wir ja ohnehin vielleicht vorhatten), ohne dass er misstrauisch wird? Oder vertraue ich ihm?


Zurück zur Die "Falsch beurteilte" Chronik