Ein Deal mit dem Ami

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Stanley Rickman:

Dieses Mädel soll bloß nicht glauben, dass ich nicht durchschaue, wie sie mir Honig um den Bart schmiert! Ich bin vielleicht alt, aber noch lange nicht senil. Dieses ganze hochtrabende "ein Mann mit Ihrem Einblick in die Lage der Sicherheit der Nation" blabla. Was weiß die hier in Italien schon über Amerika? Nun, nun, zugegeben, ich habe selbst etwas Neues erfahren: Dass es diese sogenannten Hexenmeister auch bei uns gibt, das wusste ich nicht. Aber ich habe oft genug erlebt in meiner Laufbahn, dass da irgendwelche Anzüge mit Sonnenbrillen kommen und sagen: "Wir übernehmen jetzt". CIA, FBI, NSA, ist doch alles dasselbe! Warum also nicht auch eine Geheimorganisation von irgendwelchen Magiern? Ein Pech nur, dass ich erst hier in Rom entdecken musste, dass ich auch von Gott mit einigen Fähigkeiten gesegnet worden bin. Wahrscheinlich, weil es diese laxen Südeuropäer nicht schaffen, ihren Geheimstützpunkt vernünftig zu tarnen. Sieht man doch schon daran, wie ungeschickt sich dieser Bengel anstellt...

In meiner Heimat die Ausbildung zu beginnen, wäre mir lieber gewesen. Aber die junge Dame hat bei aller Schmeichelei recht: Ich kann unmöglich in einen Flieger steigen, wenn mir Funken von der Haut fliegen, sobald ich mich kratze! Amerikanische Sicherheitskräfte verstehen keinen Spaß seit der diversen Anschläge früher. Ich habe eine Verantwortung gegenüber meinen Mitmenschen, die ich ernst nehme. Und offensichtlich kann ich diese seltsamen Kräfte noch nicht wirklich kontrollieren. Es ist, als hätte mir jemand eine fremdartige, nie dagewesene Waffe in die Hand gedrückt, für die ich erst mal den Schein machen muss. Da muss mir keiner mit irgendwelchen unterschwelligen Drohungen kommen, dass sie mich notfalls mit Gewalt hier festhalten würden. Pah! Da hätte die amerikanische Botschaft auch noch ein Wörtchen mitzureden. Vielleicht sollte ich die sicherheitshalber sowieso verständigen.

Jedenfalls ist es gut zu wissen, dass der Herrgott doch noch etwas mit mir vor hat. Natürlich steigt mir dieses Auserwählt-Sein nicht zu Kopf - wenn man sich mal anschaut, wer hier noch so rumspringt. Wieso unterrichtet mich eigentlich eine Eisverkäuferin und noch so ein junges, hübsches Ding? Die sollen mir erst mal beweisen, dass sie für diese Aufgabe qualifiziert sind! Und sie sollen nicht glauben, dass sie mich wie einen dummen Jungen behandeln können. Fünfzig Jahre Polizeidienst sind kein Pappenstil. Deshalb hab ich es zur Bedingung gemacht, dass ich diesen Andrea unter meine Fittiche nehmen darf. Er scheint ein guter Junge zu sein, aber schrecklich undiszipliniert. Talent ist nicht alles. Geben und Nehmen, eine Hand wäscht die andere. Das wird ein hartes Stück Arbeit, aber die habe ich ja noch nie gescheut.

Norina:

Oje oje, ich wusste gleich, Andrea wird mich soooooo hassen! Aber er hat die Nachricht sehr tapfer aufgenommen, dass er quasi der Preis dafür ist, dass wir Stanrick in den Griff bekommen. (Seit mir Andrea seinen Spitznamen für den alten Herrn genannt hat, bekomme ich ihn einfach nicht mehr aus dem Kopf, ich muss aufpassen, dass ich Mister Rickman nicht aus Versehen so anspreche!) Ich habe ihm eine Gehaltserhöhung versprochen, dass er sozusagen jetzt von mir angestellt wird, den Ami bei Laune zu halten, statt Eis zu verkaufen. Bei dem Temperament von den beiden hoffe ich nur, dass das gut geht. Vielleicht sollte immer jemand mit Wasser in der Nähe sein... Immerhin hat Mister Rickman eingesehen, dass er eine Gefahr für sich und andere darstellt, wenn er seine Magie nicht in den Griff bekommt. Ich weiß noch, wie mir Vincenzo früher mal vorgeworfen hat, ich würde den Leuten nach dem Mund reden. Nur weil ich mich auf ihre Sichtweise der Welt und ihre persönlichen Erfahrungen einstelle! Stanrick ist offensichtlich ein gläubiger Mensch, also ist es schlicht am einfachsten, ihm das Auftauchen seiner neuen Kräfte mit Gottes Fügung zu erklären. Oder wollen die noch einen zweiten Herzinfarkt bei dem Alten riskieren?

Dass er jahrzehntelang als Cop gearbeitet hat - und ich vermute sogar, dass er ein guter war, zumindest ehrlich und unbestechlich -, hat auch geholfen, um an sein Verantwortungsbewusstsein zu appellieren. Ich denke, er vermisst das Gefühl, nützlich zu sein, seit er in Rente geschickt wurde. Da geht es ihm nicht anders als vielen italienischen Rentnern... A propos: Mario fühlt sich gleich bedroht, weil ich wieder da bin. Er hat wohl Angst, dass ich ihm seine Aufgabe wieder wegnehme. Vor allem, weil ich leider sagen muss, dass er nicht die beste Wahl ist, seine Altersgenossen zu betreuen. Nun, um Stanrick wird er sich nicht schlagen. Und wenn er weiter jammert, lasse ich die beiden einfach mal eine Stunde allein und ich wette, Mario wird mir mit Handkuss wieder das Feld überlassen und zu seinen Bananen zurückkehren!

Ich fürchte, wir sind alle miteinander nicht immun dagegen, uns nützlich fühlen zu wollen. Ich freue mich auf die neue Herausforderung, trotz allem ...

Andrea:

Liebes Tagebuch,
was bin ich doch für ein Pechvogel. Manchmal habe ich das Gefühl, andere glauben, mir so viele Aufgaben aufzuerlegen wie sie wollen. Wirklich alles wird auf mich abgewälzt!
Dieser Stanrick ist furchtbar. Und jetzt soll ich ihn zu allem Überfluss noch bespaßen, während er lernt, sein unpassend feuriges Temperament zu zügeln? Das ist echt das Letzte!
Wieso kann dieser Mann nicht so sein wie mein guter Opa? Der war immer ruhig und gelassen, war zufrieden, wenn er sein Bücherlesegerät hatte und den ganzen Tag damit in seinem Sessel sitzen konnte. Einmal hab ich ihn gefragt, wie viele Bücher denn auf dem Gerät wären und da meinte er: „Die Phantasie in diesem Schatz ist grenzenlos.“
Ist das nicht süß? Warum ist Stanrick nicht ein bisschen wie mein lieber Opa es war.
Nun ja, Norina sichert mir eine Gehaltserhöhung zu und wenn es mir absolut nicht passt, dann kann ich ja immer noch aus diesem Geschäft aussteigen. Zu etwas zwingen kann mich ja keiner.
Und jetzt sollen mich mal alle in Ruhe lassen. Ich habe mein Zimmer abgeschlossen. Den heutigen Abend will ich ganz für mich allein haben. Andrea
PS: Habe ein neues Mädchen kennengelernt. Mein Ziel ist es, dass sie in spätestens einer Woche meinem Charme unterliegt. Rafael hatte mir empfohlen, mich an hübschen, aber auch etwas unterbelichteten Mädchen zu versuchen. Herausgestellt hat sich aber, dass das neue Objekt meiner Begierde ganz und gar nicht unterbelichtet ist. Es wäre doch gelacht, wenn ich sie nicht trotzdem für mich gewinnen könnte.



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