Der Sicherheitschef mal ganz entspannt

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Juro:

Bei dem ganzen Trubel ist mir erst abends aufgefallen, dass ich nichts mehr von Scherbchen gehört habe, seit sie mit einem "Auf dich kann man sich nicht verlassen" davongerauscht ist. Als ob es meine Schuld wäre, dass Bill keine Zeit hat, sich mitten in der Nacht um ihre Holo-Würfel-Rätsel zu kümmern. Außerdem hat er alles Recht der Welt, eine neue Mitarbeiterin einzustellen auch wenn Scherbchen sie nicht leiden kann. Wobei ich nicht mal sicher bin, ob sich Isis und Lilo schon persönlich begegnet sind... Ich hab (mal wieder) einen Riesenschreck gekriegt, als ich feststellte, dass ihre Kabine leer war, der Computer aber fest überzeugt, sie wäre dort. Anscheinend hatte das AHA-Team seine Finger im Spiel. Die haben sie aber ganz schnell wieder rausgezogen, als ich da aufgetaucht bin. Bei der Gelegenheit habe ich erfahren, dass sies tatsächlich geschafft haben, diese Cindy in eine Art Reality Show zu stecken, für die man sich dann ein Abo kaufen kann. Hab mir das mal 10 min angeschaut, was für ein Schwachsinn. Allerdings mit Bikini, was an ihr zugegeben einigermaßen gut aussieht. Aber zurück zu meinen aktuellen Problemen. Orten konnten das Team Scherbchen trotzdem nicht. Es hat erst einen Hinweis von Ariane gebraucht, bis ich auf die Idee kam, sie einfach anzurufen. Irgendwie hatte ich das gar nicht in Betracht gezogen, weil ich nicht erwartet hatte, dass sie rangehen würde. Doch sie tat es! Wollte mir aber partout nicht verraten, wo und mit wem sie gerade was vorhatte. Es klang, als wäre da ein Junge im Spiel, mit dem sie sonstwas vorhätte. Na toll. Sie ist viel zu zerbrechlich und viel zu unerfahren für sowas. Mann, war ich wütend. Neben dem gegenseitigen Anschreien hat das Telefonat wenigstens ihren Aufenthalt verraten. Ich hab mir Roland geschnappt und bin mit ihm losgezogen. Zuerst sah es aus, als würde sich meine Befürchtungen betätigen, als er meinte, er höre sehr zweideutige Geräusche hinter der verschlossenen Tür dieses Quartiers. Ich war kurz davor, es stürmen zu lassen. Ariane kam schon mit einem Stoßtrupp an. Konnte mich dann doch wieder beruhigen. Das war auch gut, sonst hätten wir nicht rausgefunden, dass das Ganze nur eine geheime Party im Hinterraum decken sollte. Keiner will ein Pärchen stören, oder? Na, außer man hat einen guten Grund, so wie ich. Ein paar Lautsprecher installiert und schon ist das Quartier sicher. Keiner merkt, dass der echte Spaß dahinter losgeht. Ich hatte zwar noch ungute Erinnerungen an gegrilltes Gehirn, habe es aber doch gewagt, zu espen. Scherbchen saß tatsächlich an der improvisierten Bar. Allerdings ganz alleine und mit einem eher unglücklichen Gesicht. Ich gebe zu, da ist mein Zorn ziemlich schnell verraucht. Sie hat mir einfach leid getan. Deswegen kams auch zu folgender Idee:

Ich hab mich mit Rolands Hilfe und ein paar Klamotten in einen ganz normalen 18jährigen verwandelt und auf der Party eingeschlichen. Auf dem Weg dahin hat uns doch tatsächlich einer meiner Sicherheitstrupps angehalten und überprüft. Ich musste mich echt zusammenreißen um nicht einfach loszuprusten. Hab mich dann einfach neben Scherbchen gesetzt und ihr mit verstellter Stimme einen Drink angeboten. Sie hat ziemlich sauer abgelehnt. Ich war wirklich erleichtert. Der letzte Beweis dafür, dass sie nur was erfunden hatte. Sie ist fast zum Stuhl gefallen, als ich mich zu erkennen gegeben habe. Zum zweiten Mal an diesem Tag habe ich jemanden wirklich überrascht. Dass ich richtig friedlich drauf war, hat sie auch überrascht. Ich hatte einfach keine Lust mehr, mich schon wieder zu zoffen. Vielleicht ist das ja die Gelegenheit, einen gemeinsamen Nenner zu finden und die Streitereien beizulegen. Mal sehn ...

Das war so klar. Da sind sowohl Isis als auch ich mal in friedlicher Stimmung und dann haben drei besoffene Raufbolde nichts Besseres zu tun, als uns auf die Nerven zu gehen. Beziehungsweise mit Bierflaschen und Schlagstock auf mich loszugehen, weil ich mit IHRER Freundin tanzen würde. Deppen. Ich hätte ja einfach meine Pistole ziehen und sie festnehmen können, aber dann wäre meine Tarnung aufgeflogen, mein schöner Plan mit der weiteren Party-Überwachung wäre flöten gegangen und ich hätte vermutlich eine Massenpanik ausgelöst. Scheiße. Zum Glück war das nicht meine ersten „Kneipenprügelei“ und ich konnte mir die Störenfriede ganz gut vom Leib halten. Allerdings hat mich der eine doch ziemlich heftig am Kinn erwischt. Natürlich nicht der mit dem schönen glatten Holzstock, nein es musste ja die Glasflasche sein. Roland hat geflucht, als er mir die Splitter rausziehen durfte. Die Party hat sich dann doch recht schnell aufgelöst, wobei Ariane die meisten Jugendlichen erwischt haben dürfte, die nach Hause flüchten wollten. Komplett tolerieren konnte ich das Event ja auch nicht, vor allem nicht, nachdem Emmanuelle einen Jugendlichen mit Schädelbasisbruch in die Krankenstation bekommen hatte (der mit der Bierflasche) und mich prompt über die Schlägerei informiert hat. Also haben wir die Partygänger und Komasaufer an der nächsten Kreuzung abgefangen. Dummerweise haben sich ein paar der Idioten gewehrt. Na toll. Jetzt reichte es nicht mehr, sie einfach ein bisschen in Gewahrsam zu halten und dann nach Hause zu schicken, sondern ich musste mir auch noch ein besonderes Strafmaß für die Randalierer ausdenken.

Am nächsten Morgen ist mir der Schmerzverstärker eingefallen. Das müsste doch eine sauberere Variante als Auspeitschen oder ähnliches sein. Nachdem ich mit Roland etwas über den Einsatz überhaupt und die angemessene Zeitdauer im Besonderen diskutiert hatte, kam ich zu dem Entschluss dass ich das nicht festlegen kann, wenn ich keine Ahnung habe, wie das Ding funktioniert. Ich wollte es selbst ausprobieren. Nur für 2 Sekunden, das müsste reichen um es hochrechnen zu können. Doch ich bräuchte jemand, der mir dabei helfen würde. Ich habe fast sofort an Bridget gedacht. Sie hätte die Nerven dafür, wäre verschwiegen genug und würde nicht wie Erwin versuchen mich davon abzuhalten. Ich hatte mich nicht getäuscht, auch wenn sie mich anschaute, als wäre ich plötzlich durchgeknallt. Aber bei ihr macht mir das weniger aus, als bei den McGurks. Als ich festgeschnallt auf dem Stuhl saß, hätte ich beinahe noch einen Rückzieher gemacht, aber die Blöße wollte ich mir vor Bridget nicht geben. Ich nickte ihr zu und dann ging es los.



Roland:

Ich glaub, Juro weiß selbst nicht, wie er eigentlich zu Isis (wie Scherbchen ja neuerdings genannt werden will) steht: Manchmal führt er sich eher auf wie ein eifersüchtiger Liebhaber als wie der große Bruder, der er sein will. Will er sie ebenso in Watte packen wie Nostromo? Je mehr Überwachung er aufbietet, desto einfallsreicher werden ihre Methoden, dem zu entgehen. Und obwohl ich null Ahnung hab, was diese Vollpubertierende diesmal wieder genervt hat, kann ich sie in diesem Punkt fast verstehen. Herrje, soll sie doch ihre eigenen Erfahrungen machen! Wenn sie sich beim Sex mit einem Jungen (was wir ja dachten, was da in dem leeren Quartier abgeht) halt etwas bricht wegen ihrer Glasknochenkrankheit, wird sie beim nächsten Mal vorsichtiger sein. Das haben wir ruckzuck geheilt und fertig.

Leider hat diese Glucke von älterem Bruder die komplette Decksicherheit unter sich, dass man befürchten muss, eine Szene sieht so aus, dass gleich ein ganzer Kampftrupp die Kids zusammenschlägt, mit denen Isis anbandeln will. Ich wollte nur, dass Juro runterkommt und fünf Minuten nachdenkt, was er da mit seiner Beziehung zu Scherbchen anrichtet! Er war so konfus, dass Ariane ihm erzählen musste, dass man auch neben der Tür espen kann, wenn die mit einem Schutzzeichen versperrt ist. Juro war gleich beruhigt, als er gesehen hat, dass es nur eine Party war - und Isis allein in der Ecke saß. Ich persönlich hätte ja nix dagegen, wenn das verwöhnte Einzelkind mal ein paar Gleichaltrige kennen lernt.

Ähm... eigentlich ist Juro ja fast das richtige Alter. Das ist mir auch erst wieder bewusst geworden, als wir ihn in die Klamotten von Harteks jungen Verwandten gesteckt haben, damit er sich undercover einschleusen kann, um mit Isis zu reden. Dann merkt sie war, dass er spioniert hat, aber das ist sein Bier. Nicht mal sein eigener Sicherheitstrupp hat Juro erkannt! Sie haben mir gleich abgenommen, dass er einer der Jugendlichen ist, die Beschäftigung brauchen, und meinten zu ihm: "Sei brav, Junge, wir haben dich im Auge." Wir konnten beide kaum an uns halten, bis sie außer Hörweite waren, und sind einfach nur zusammengebrochen vor Lachen.

Es tut gut nach diesen schlimmen Tagen, mal wieder richtig zu lachen. Ausgerechnet an dem Tag, an dem Llandor gestorben ist. Ich habe die Reihenfolge für den Tank festgelegt und die Wartezeit war einfach zu lang. Ich hab in meinem Schrank immer noch das Outfit, das er mir für die Party geliegen hatte... Wie er erst Juro ausgestattet hätte! Aber ich bin nicht so gebrochen wie zum Beispiel nach Marellas Tod. Ich lerne jetzt, was Juro wohl schon weiß: Dass man Entscheidungen treffen muss und dass Leute manchmal einfach sterben. Wir werden den Tank auch nicht ewig haben. Mich trifft nicht mehr Schuld als an dem Tod der Punks und den Verletzungen von Mbutu oder Borgius, weil ich sie zu der Tox-Rettungsaktion überredet hab. Das heißt: Überreden musste ich ja gar nicht. Das war auch etwas, was einfach getan werden musste, und keiner hat Fragen gestellt. Dieses Vertrauen, das die Leute in mich, in uns setzen, macht mir immer noch Angst. (Nur eine Person vertraut mir nicht, und bei der wäre es mir am wichtigsten, aber...)

Jetzt bin ich auf Dschingis' Party und wenn ich da so einhänge und mir den Feuertanz zeigen lasse, kommt mir wieder das Gespräch mit dem alten Chinesen in den Sinn, Tian. Nur jeder 20. hier von diesen fröhlichen Männern, mit denen ich saufe und singe, wird laut Statistik das erste Jahr der Kolonialisierung überleben. Klar weiß ich, dass wir als Abschaum gelten, aber es vorgerechnet zu bekommen, ist scheiße. Trotzdem haben wir das Interesse von der Ärztefamilie geweckt, scheint mir. Der Alte hat mich extra nochmal eingeladen, weil er wissen wollte, welche Vorbehalte ich gegen ihn hab. Der Mann ist wirklich gefährlich, er sieht zu viel und kann kluge Schlüsse ziehen. Meine Bedenken, dass die Tians Emanuelle ausbooten könnten oder Aliens zu Medizin zermahlen, haben sich einigermaßen zerstreut im Gespräch - aber ob diese Familie, bei der der Gouverneur der Ingenieursgilde ein und aus geht, nicht für Juro gefährlich werden kann?

Nur ein Fünftel überleben? Pah! Das wollen wir mal sehen!


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